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Teilhabechancengesetz: Mindestens 571.000 Kandidaten für sozialen Arbeitsmarkt

Mindestens 571.000 Hartz-IV-Bezieher in Deutschland kommen für eine Förderung auf dem sozialen Arbeitsmarkt infrage, wie aus einer Auswertung der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervorgeht. Am 8. November hatte der Bundestag diesen mit dem Teilhabechancengesetz beschlossen. Die ersten Teilnehmenden können ab Januar 2019 in dem Instrument gefördert werden.

Am 8. November 2018 hat der Bundestag dem Teilhabechancengesetz zugestimmt. Wesentlicher Bestandteil dieser Änderung des Zweiten Sozialgesetzbuchs (SGB II), das das Hartz-IV-System gesetzlich regelt, ist die Einführung eines neuen, allerdings befristeten Regelinstruments „Teilhabe am Arbeitsmarkt“. Mit diesem Instrument sollen Langzeitbezieher von Hartz-IV-Leistungen, deren Arbeitsuche bislang erfolglos gewesen ist, in einen sozialen Arbeitsmarkt integriert werden: Arbeitgeber erhalten fünf Jahre lang einen gestaffelten Lohnkostenzuschuss für die Einstellung von über 25-jährigen Hartz-IV-Beziehern, die in den letzten sieben Jahren mindestens sechs Jahre lang Hartz-IV-Leistungen bezogen haben und währenddessen nur kurzfristig beschäftigt waren. Sonderregelungen gelten für Schwerbehinderte und Eltern. Sie erfüllen mit fünf statt sechs Jahren Leistungsbezug die Voraussetzung zur Förderung. Gefördert werden ausschließlich sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen.

571.000 Hartz-IV-Bezieher kommen für „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ infrage

Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigen, dass für eine Förderung mit dem Instrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ (§16i SGB II) bundesweit insgesamt mindestens 571.000 Personen infrage kommen: Im Juni 2018 gab es in Deutschland knapp 543.000 Bezieher, die in den vorangegangenen sechs Jahren Hartz-IV-Leistungen bezogen und währenddessen kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt hatten. Zusätzlich gab es rund 28.000 weitere Bezieher mit Kindern oder einer Schwerbehinderung, die in den vorangegangenen fünf Jahren Hartz-IV-Leistungen bezogen und währenddessen kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt hatten.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Darstellung O-Ton Arbeitsmarkt.

Die BA weist in ihrer Auswertung neben dieser Untergrenze für potenzielle Teilnehmenden auch eine Obergrenze von insgesamt rund 918.000 potenziellen Teilnehmenden in der „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ aus. Denn das Gesetz verlangt, dass Teilnehmende, die eine Förderungen in diesem Instrument erhalten, während des Hartz-IV-Bezugs maximal „kurzfristig“ beschäftigt waren (O-Ton berichtete). Bei der Untergrenze handelt es sich aber um Personen, die während des Bezugs überhaupt nicht beschäftigt waren. Aus diesem Grund kann davon ausgegangen werden, dass die potenzielle Teilnehmerzahl noch deutlich über der Untergrenze von 571.000 Personen liegt. Die BA berücksichtigt bei der Berechnung der Obergrenze daher alle Personen, die nur im Juni 2018, also im Monat der Erhebung, kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatten.

Unklare Zielerreichung – Ein Tropfen auf dem heißen Stein?

Noch ist völlig unklar, wie viele Personen mit den Instrumenten in Beschäftigung vermittelt werden sollen. Im Koalitionsvertrag wurde ursprünglich eine Teilnehmerzahl von 150.000 Personen genannt – das entspricht rund einem Viertel der Untergrenze von 571.000. Der Eingliederungstitel im SGB II soll zur Umsetzung des Teilhabechancengesetzes zwar jährlich um eine Milliarde Euro aufgestockt werden, allerdings sind diese Gelder nicht zweckgebunden und könnten somit sowohl für andere Förderungen, als auch zur Deckung des Verwaltungshaushalts eingesetzt werden. Das BMAS rechnet laut Gesetzentwurf mit Kosten in Höhe von 24.000 Euro pro Jahr pro Teilnehmer im Instrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“. Nach Berechnungen von O-Ton sind unter dieser Voraussetzung 30.000-40.000 Teilnehmende pro Jahr umsetzbar, wenn eine Milliarde ausschließlich für das Instrument verwendet werden würde.

von Lena Becher

 

 

Zum Weiterlesen:

Bundesagentur für Arbeit, Bestand erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit einer Verweildauer von 6 Jahren und mehr bzw. 5 bis unter 6 Jahren nach ausgewählten Strukturmerkmalen, November 2018.

O-Ton Arbeitsmarkt, Langzeitarbeitslose: Nur jeder Zehnte erhält arbeitsmarktpolitische Förderung, 19.11.2018.

Bild: Colourbox.de