11. April 2017
Die Aktion Arbeit im Bistum Trier plädiert für einen Paradigmenwechsel im Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit: Langzeitarbeitslosen soll Teilhabe an einem integrierten Arbeitsmarkt dauerhaft ermöglicht werden und das Konzept soll der „menschlichen Tragödie Langzeitarbeitslosigkeit“ ein Ende setzen.
Wie kann die hohe Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland spürbar verringert werden? Die Aktion Arbeit im Bistum Trier hat dazu ihr Konzept „Integrierter Arbeitsmarkt“ vorgestellt. Zielgruppe des Konzepts sind Langzeitarbeitslose, deren Zahl trotz anhaltender Jubelmeldungen über sinkende Arbeitslosenzahlen und einen Zuwachs an Arbeitsstellen seit Jahren stabil bei rund einer Million Menschen liegt (O-Ton berichtete). Grund dafür ist laut Aktion Arbeit eine Fehlannahme in der Eingliederungsstrategie der Arbeitsagenturen und Jobcenter: Nicht jeder Arbeitslose könne es mit den Eingliederungsmaßnahmen der Jobcenter in ein ungefördertes Arbeitsverhältnis schaffen.
Gerade für Langzeitarbeitslose ist der Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert. Bei ihnen liegen häufig eines oder mehrere „Vermittlungshemmnisse“ vor, wie z.B. gesundheitliche Einschränkungen, fehlender Schulabschluss oder hohes Alter. Es sei ein Irrglaube, so die Aktion Arbeit, dass diese Hemmnisse in jedem Fall mit den Fördermaßnahmen der Jobcenter überwunden werden können. Schlimmer noch: Bei anhaltender Langzeitarbeitslosigkeit komme es stattdessen zu einer Verschlechterung der Lebenssituation und zu weiter sinkenden Integrationschancen. Ziel des Konzepts „Integrierter Arbeitsmarkt“ ist deshalb die Vermittlung in und Teilhabe an Arbeit als höchste Priorität bei der Förderung von Langzeitarbeitslosen.
Die Aktion Arbeit schlägt daher einen integrierten Arbeitsmarkt mit zwei Fördervarianten vor: Dauerhaft und pauschal geförderte, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zum einen und „Teilhabe-Jobs“ in Beschäftigungsbetrieben zum anderen. Die geförderte Beschäftigung soll, anders als bei bisher geförderten Arbeitsverhältnissen in Modellprojekten, zeitlich unbegrenzt sein. Als Ausgleich der geminderten Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers erhält der Arbeitgeber pauschal einen 60-prozentigen Lohnkostenzuschuss. Die Voraussetzung der Wettbewerbsneutralität entfällt, stattdessen wird zur Bedingung, dass der Mindestlohn als Stundenlohn gezahlt wird.
Neben der geförderten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sieht das Konzept der Aktion Arbeit die Schaffung von Teilhabe-Jobs vor. Diese sollen eine besonders niederschwellige Zugangsform für Menschen sein, die aufgrund ihrer Hemmnisse (noch) nicht zu einer erwerbswirtschaftlich wertschöpfenden Arbeit fähig sind. In dieser Beschäftigungsvariante verbleiben die Beschäftigten im Leistungsbezug und enthalten dazu eine Aufwandsentschädigung von zwei Euro pro geleistete Arbeitsstunde.
Bei beiden Beschäftigungsvarianten sollen sich die Arbeitslosen ihren Arbeitsplatz eigenständig suchen und sind frei in der Berufswahl. Aus Maßnahmeteilnehmern sollen Arbeitnehmer mit Arbeitsvertrag werden. Das Konzept verzichtet explizit auf eine Unterscheidung zwischen gemeinnützigen und gewinnorientierten Betrieben. Somit soll eine Integration Langzeitarbeitsloser entsprechend der individuellen Fähigkeiten gelingen. Zusätzlich ist eine sozialpädagogische Begleitung der Arbeitnehmer seitens der Beschäftigungsbetriebe oder Dritter angedacht. Die Dauer der Förderung ist theoretisch unbegrenzt, ein Wechsel in ein ungefördertes Arbeitsverhältnis soll jedoch weiterhin möglich sein.
Die Aktion Arbeit geht davon aus, dass zur Schaffung des integrierten Arbeitsmarkts ca. 250.000 Vollzeitstellen für Mindestlohn- und Teilhabe-Jobs für 800.000 Personen verfügbar sein müssen. Aufgrund der geminderten Leistungsfähigkeit vieler Langzeitarbeitsloser sei davon auszugehen, dass die Beschäftigten häufig noch keine Vollzeitstelle besetzen können und zunächst mit einem geringeren Stundenumfang arbeiten. Auf diesem Weg soll eine dauerhafte Einbindung in die Arbeitswelt für die Menschen entstehen, die bislang weder von der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt, noch von den existierenden Maßnahmen im Förderkatalog der Jobcenter profitieren konnten.
von Lena Becher
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