zurück

Atypische Beschäftigung sinkt leicht – dominiert aber die gemeldeten Stellenangebote der BA

Seit 2011 sinkt die Zahl atypischer Beschäftigungsverhältnisse. Aber: Mehr als jedes zweite bei der Bundesagentur für Arbeit registrierte Stellenangebot ist ein atypisches Beschäftigungsverhältnis. Und noch immer ist jedes fünfte Arbeitsverhältnis in Deutschland atypisch. Der Weg in „gute Arbeit“ steht also trotz einer Rekordzahl offener Stellen längst nicht allen offen.

Im März 2017 erfüllte mehr als jede zweite bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldete Stelle mindestens ein Merkmal des Statistischen Bundesamts für eine atypische Beschäftigung. Zwar ist der Anteil in den letzten Jahren leicht gesunken, bewegt sich aber immer noch auf sehr hohem Niveau. Das wirft auch ein schlechtes Licht auf die von der Arbeitsagentur gemeldete Rekordzahl offener Stellen. Denn atypische Beschäftigung macht nicht nur einen erheblichen Teil der offenen Stellen aus, sondern ist im Stellenangebot auch in Hinblick auf die tatsächliche Bedeutung am Arbeitsmarkt überproportional vertreten. Die Bundesagentur für Arbeit trägt damit in hohem Maße zur Ausbreitung atypischer Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt bei.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Gemeldete Arbeitsstellen, Sonderauswertung

Leiharbeit, Befristung, Teilzeit und Minijobs weiterhin hoch im Kurs

Trotz des relativen Rückgangs ist die absolute Anzahl atypischer Beschäftigungsverhältnisse unter den gemeldeten Stellen im März 2017 auf knapp 400.000 angestiegen. Hierzu zählen Arbeitsstellen in der Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit), befristete Stellen, Teilzeitstellen und geringfügige Beschäftigungen (Minijjobs). Problematisch an diesen Beschäftigungsformen ist, dass diese sich häufig durch schlechtere Arbeitsbedingungen z.B. hinsichtlich der Bezahlung und der Arbeitsplatzsicherheit auszeichnen. Zudem ist atypische Beschäftigung nur selten ein Sprungbrett in ein Normalarbeitsverhältnis (O-Ton berichtete).

In Hinblick auf die einzelnen Formen atypischer Beschäftigung zeigt sich, dass die absolute Anzahl gemeldeter Stellen mit einer Befristung nach einem Anstieg im März 2016 im letzten Jahr wieder leicht auf rund 110.000 gesunken ist. Indes bewegt sich die Zahl gemeldeter Minijobs auf einem konstanten Niveau bei rund 20.000. Ein deutliches Wachstum gab es hingegen bei offenen Stellen in der Leiharbeit sowie bei Stellen in Teilzeit.

Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass ein atypisches Beschäftigungsverhältnis, z.B. im Fall einer befristeten Teilzeitstelle, mehr als ein Merkmal atypischer Beschäftigung aufweisen kann. Die Gesamtzahl von 392.000 atypischen gemeldeten Arbeitsstellen ist um diese Doppelungen bereinigt.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Gemeldete Arbeitsstellen, Deutschland

Fokus Leiharbeit: 30 Prozent der offenen Stellen sind Leiharbeit

Maßgeblicher Treiber dieser Entwicklung ist der wachsende Leiharbeitssektor. Jede dritte offene Stelle im Stellenangebot der Arbeitsagentur entfällt auf die Leiharbeitsbranche. Dabei existiert ein deutlicher Unterschied zwischen der Präsenz von Leiharbeit im Stellenangebot und ihrer tatsächlichen Bedeutung am Arbeitsmarkt. Im Juni 2016 waren nicht einmal drei Prozent aller Beschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung tätig. Allerdings ist Leiharbeit gekennzeichnet von relativ kurzen Beschäftigungsverhältnissen und daher einem konstant hohen Bedarf an „neuen“ Mitarbeitern. Außerdem befindet sich der Leiharbeitssektor seit Jahren im Aufschwung. Waren im Juni 2013 noch rund 800.000 Menschen in knapp 47.000 Leiharbeitsfirmen beschäftigt, waren es im Juni 2016 bereits eine Million Leiharbeitnehmer (+16 %) in mehr als 52.000 Firmen (+12 %).

Atypische Beschäftigung nimmt insgesamt leicht ab

2015 arbeiteten rund 7,6 Millionen Menschen entweder in Teilzeit, in einem Minijob, in einem befristeten Arbeitsverhältnis oder in einem Leiharbeitsverhältnis. Ein Fünftel aller Arbeitnehmer arbeitete demnach in einem atypischen Beschäftigungsverhältnis. Waren 2011 noch rund 22,5 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse atypisch, waren es 2015 nur noch 20,9 Prozent. Gleichzeitig wuchs die Erwerbstätigkeit. Die Anzahl der Normalarbeitsarbeitsverhältnisse stieg von rund 23 Millionen im Jahr 2011 auf knapp 25 Millionen im Jahr 2015 an. Positiv ist: Inzwischen schlägt sich die relativ gute Lage auf dem Arbeitsmarkt also auch in der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigung nieder. Angesichts des weiterhin florierenden Leiharbeitsmarkts und der anhalten hohen Präsenz atypischer Beschäftigung im Stellenangebot der BA ist diese Entwicklung jedoch nicht symptomatisch für eine Abkehr von prekärer Beschäftigung.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Gemeldete Arbeitsstellen, Deutschland

von Lena Becher

 

 

Zum Weiterlesen:

Bundesagentur für Arbeit, Leiharbeitnehmer und Verleihbetriebe, Deutschland, Juni 2016, Tabelle 1.5

Bundesagentur für Arbeit, Gemeldete Arbeitsstellen, Deutschland, März 2017, S.6

Bundesagentur für Arbeit, Gemeldete Arbeitsstellen, Deutschland, März 2016, S.6

Bundesagentur für Arbeit, Gemeldete Arbeitsstellen, Deutschland, März 2015, S.6

Statistisches Bundesamt, Atypische Beschäftigung. Kernerwerbstätige nach einzelnen Erwerbsformen