9. November 2018
Das Arbeitsministerium will Langzeitarbeitslose und Langzeitbezieher von Hartz IV mit Lohnkostenzuschüssen in Arbeit bringen. In dem neuen Regelinstrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ sollen Teilnehmende ab dem kommenden Jahr zugewiesen werden – vorerst bis 2024.
Am 8. November 2018 hat der Bundestag dem Teilhabechancengesetz zugestimmt. Nach mehreren Änderungen liegt nun die Reform des Zweiten Sozialgesetzbuchs vor. Mit der Einrichtung des Instruments „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ und einer veränderten Fassung der bereits existierenden „Förderung von Arbeitsverhältnissen“ will das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) arbeitsmarktferne Langzeitbezieher von Hartz IV ab Januar 2019 in Beschäftigung bringen.
Lohnkostenzuschüsse bei der Beschäftigung von Langzeitbeziehern
Das beschlossene neue Regelinstrument ist vorerst bis zum 31. Dezember 2024 befristet (O-Ton berichtete). Es sieht vor, dass Arbeitgeber fünf Jahre lang einen gestaffelten Lohnkostenzuschuss für die Einstellung von Hartz-IV-Langzeitbeziehern erhalten. Voraussetzung ist, dass die Beschäftigung sozialversicherungspflichtig ist. Außerdem kann nur über das Instrument gefördert werden, wer in den letzten sieben Jahren mindestens sechs Jahre lang Hartz-IV-Leistungen bezogen hat, währenddessen nur kurzfristig beschäftigt war und älter als 25 Jahre ist. Sonderregelungen gelten für Schwerbehinderte und Eltern. Sie erfüllen mit fünf Jahren Leistungsbezug die Voraussetzung zur Förderung.
Öffentliche und private Arbeitgeber erhalten für die Beschäftigung dieser Personen einen Lohnkostenzuschuss für maximal fünf Jahre. Der Zuschuss soll in den ersten beiden Jahren 100 Prozent des Entgelts betragen und danach jährlich um jeweils 10 Prozentpunkte bis auf 70 Prozent im fünften Jahr absinken. Der Lohnkostenzuschuss ist auf Höhe des Tariflohns oder kirchlichen Vergütungsgruppen begrenzt.
Kritik an „Zuweisung“ von Teilnehmenden
Unklar ist noch, wie die Zuweisung von Teilnehmenden in das Instrument praktisch vorgenommen wird (O-Ton berichtete). Wohlfahrtsverbände, Arbeitsmarktforscher und der Deutsche Gewerkschaftsbund sprachen sich bereits dafür aus, dass das Förderinstrument dem restriktiven Sanktionsmechanismus enthoben wird und die Teilnahme auf freiwilliger Basis erfolgt. In der nun beschlossenen Fassung des Gesetzes findet sich jedoch kein Verweis auf freiwillige Teilnahme.
Neufassung der Förderung von Arbeitsverhältnissen
Die Neufassung der Förderung von Arbeitsverhältnissen (FAV) verzichtet auf die Feststellung von zwei „in der Person liegenden Vermittlungshemmnisse“ und legt stattdessen zweijährige Arbeitslosigkeit als Zugangsvoraussetzung fest. Neu ist die Idee, Langzeitarbeitslose mittels Lohnkostenzuschüssen in der Privatwirtschaft unterzubringen, allerdings nicht. Mit dem Beschäftigungszuschuss (BEZ) bzw. dem Nachfolgeinstrument der bestehenden Förderung von Arbeitsverhältnissen (FAV) gibt es seit Jahren die Möglichkeit, Löhne für schwer vermittelbare Arbeitslose staatlich zu subventionieren. Auch das ESF-Bundesprogramm setzte Lohnkostenzuschüsse zur Vermittlung von Arbeitslosen in Beschäftigung ein (O-Ton berichtete).
Unklare Zielerreichung
Noch ist völlig unklar, wie viele Personen mit den Instrumenten in Beschäftigung vermittelt werden sollen. Im Koalitionsvertrag wurde ursprünglich eine Teilnehmerzahl von 150.000 Personen genannt. Der Eingliederungstitel im Zweiten Sozialgesetzbuch soll zur Umsetzung des Teilhabechancengesetzes zwar jährlich um eine Milliarde Euro aufgestockt werden, allerdings sind diese Gelder nicht zweckgebunden und könnten somit sowohl für andere Förderungen, als auch zur Deckung des Verwaltungshaushalts eingesetzt werden. Das BMAS rechnet laut Gesetzentwurf mit Kosten in Höhe von 24.000 Euro pro Jahr pro Teilnehmer im Instrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“. Nach Berechnungen von O-Ton sind unter dieser Voraussetzung 30.000-40.000 Teilnehmende pro Jahr umsetzbar, wenn eine Milliarde ausschließlich für das Instrument verwendet werden würde.
von Lena Becher
Zum Weiterlesen:
Deutscher Bundestag, Bundestag beschließt Unterstützung für Langzeitarbeitslose, 08.11.2018.