12. August 2013
(o-ton) Die „Hartz“-Reformen sollten Sozialleistungsbezieher durch ein stärkeres Fördern und Fordern schneller in Arbeit bringen. Doch Zahlen der Bundesregierung offenbaren jetzt: Das Gegenteil ist der Fall. Die Dauer des Hilfebezugs ist nach „Hartz IV“ deutlich länger als in der alten Arbeitslosen- und Sozialhilfe.
Eines der Hauptziele der „Hartz“-Reformen war die schnellere Vermittlung von Langzeitarbeitslosen und Sozialleistungsbeziehern in Arbeit. Kürzungen bei der Leistungshöhe, die Verpflichtung, auch schlechter bezahlte Stellen anzunehmen und Sanktionen, wenn Stellenangebote abgelehnt werden, sollten den Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erhöhen. Mit einem stärkeren „Fordern“, so die Annahme, würden die Leistungsempfänger schneller in Arbeit kommen. Zusätzlich sollte ein verstärktes „Fördern“, beispielsweise durch Qualifizierung und Beratung, den Weg in Arbeit ebnen.
Doch die Reformen haben ihr Ziel nicht erreicht, sondern das Problem offenbar verschlimmert. Die Dauer des Hilfebezugs im „Hartz IV“-System ist deutlich länger, als in den früheren Systemen der Sozial- und Arbeitslosenhilfe, die durch die Hartz-Reformen zusammengelegt wurden. Das enthüllt die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken.
Länger als vier Jahre im Bezug: Arbeitslosenhilfe 9,2 Prozent, „Hartz IV“-System 49 Prozent
Neun Prozent der Personen, die Ende 2004 Arbeitslosenhilfe bezogen, waren vier Jahre oder länger abhängig von der staatlichen Hilfe. Nach den „Hartz“-Reformen hat sich die Lage deutlich verschärft. Von den arbeitslosen „Hartz IV“-Beziehern waren Ende 2012 fast die Hälfte (49 Prozent) bereits vier Jahre und länger im Bezug. Der Anteil hat sich demnach mehr als verfünffacht.
Hartz-Reformen haben den Ausweg aus der Hilfebedürftigkeit erschwert
Auch der Weg aus der Hilfebedürftigkeit ist nach „Hartz IV“ offensichtlich deutlich schwieriger, als noch vor den Reformen. Das zeigen die sogenannten abgeschlossenen Verweildauern. Sie geben an, wie lange sich ein Leistungsbezieher im Hilfesystem befand, bevor er den Bezug beenden konnte.
Hier wird deutlich: Vor den „Hartz“-Reformen schafften etwa 70 Prozent der Arbeitslosenhilfeempfänger, die das Hilfesystem verließen, den Absprung in weniger als einem Jahr. Nach der Reform trifft das im „Hartz IV“-System nur auf rund 50 Prozent der Abgänger zu. Auf der anderen Seite brauchten 22 Prozent von ihnen vier Jahre oder länger, um den „Hartz IV“-Bezug zu beenden. Eine solche sehr lange Bezugsdauer vor Abgang aus dem System gab es in der Arbeitslosenhilfe nur bei 3,4 Prozent der abgegangenen Hilfebezieher.
Bei diesem Vergleich kommt die Gruppe der arbeitslosen „Hartz IV“-Empfänger den früheren Arbeitslosenhilfeempfängern am nächsten. Durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen und Sozialhilfe befinden sich unter ihnen aber auch frühere Sozialhilfebezieher. Sie hatten keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe und sind daher als arbeitsmarktferner einzustufen. Das schränkt die Vergleichbarkeit der Zahlen leicht ein.
Durchschnittliche Bezugsdauer: Sozialhilfe 28 Monate, „Hartz IV“-System 42 Monate
Doch selbst im Vergleich mit der Sozialhilfe schneidet das „Hartz IV“-System schlechter ab. Durchschnittlich 42 Monate bezogen „Hartz IV“-Empfänger Ende 2011 bereits die staatliche Sozialleistung. In der Sozialhilfe hingegen lag die durchschnittliche Bezugsdauer Ende 2004 bei 28 Monaten. Das entspricht einem Anstieg um 50 Prozent.
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