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Koalitionsvertrag: Keine echte Erhöhung der Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen

(o-ton) In ihrem Koalitionsvertrag verspricht die Große Koalition eine Anhebung der Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen um 1,4 Milliarden Euro in der nächsten Legislaturperiode. Doch was wie eine Umkehr des Sparkurses der letzten Jahre klingt, ist tatsächlich nur eine haushaltstechnische Regelung, um den Jobcentern die Übertragung nicht verwendeter Gelder ins nächste Jahr zu ermöglichen.

Die Große Koalition hat eine Anhebung der Mittel für Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik beschlossen. „Der Mitteleinsatz für die Eingliederung Arbeitssuchender wird um 1,4 Milliarden Euro angehoben“, heißt es auf Seite 89 des Koalitionsvertrags von CDU/CSU und SPD. Das entspricht 350 Millionen Euro jährlich. Diese zusätzlich eingeplanten Gelder sind aber keineswegs gleichbedeutend mit einer echten Erhöhung des Budgets für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen in der Grundsicherung, denn die 1,4 Milliarden Euro dienen lediglich dazu, die Übertragbarkeit von Haushaltsmitteln der Jobcenter von einem Jahr ins nächste zu gewährleisten. Das geht aus einer Erläuterung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) hervor, die O-Ton Arbeitsmarkt vorliegt.

Der Hintergrund: Wenn Jobcenter das ihnen zur Verfügung stehende Budget für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nicht ausschöpfen, fließen die Gelder nach aktueller Regelung zum Jahresende an das Bundesministerium der Finanzen. Allein im vergangenen Jahr waren das etwa 676 Millionen Euro beziehungsweise 18 Prozent des zur Verfügung stehenden Budgets von rund 3,8 Milliarden Euro (O-Ton berichtete). Das möchte die große Koalition nun ändern. Haushaltsrechtlich ist aber eine Rückzahlung der vom Finanzministerium kassierten Eingliederungsmittel an die jeweiligen Jobcenter nicht möglich. Diese Mittel muss das Arbeitsministerium (BMAS) zuweisen. Damit das BMAS die an das Finanzministerium geflossenen Mittel jedoch nicht aus seinem Haushalt erstatten muss, stehen ihm in der kommenden Legislaturperiode nun die „zusätzlichen“ 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung.

Um es auf den Punkt zu bringen: Die Erhöhung der Gelder für die Eingliederung Arbeitssuchender ermöglicht lediglich die Wiederzufuhr von nicht ausgeschöpften Mitteln an die betreffenden Jobcenter. In einem Haushaltsjahr unangetastete Mittel werden sozusagen ins Folgejahr „gerettet“ und verbleiben damit im System, statt an das Finanzministerium zu fließen. So erhalten auch nur die Jobcenter, die ihre Mittel nicht ausschöpfen und an das Finanzministerium zurückzahlen, im darauf folgenden Haushaltsjahr eben diese Gelder vom Arbeitsministerium zurück. Sie werden dann gemeinsam mit dem für das betreffende Jahr eingeplanten Budget ausgezahlt. Die Jobcenter, die ihre Mittel ausschöpfen und daher keine Übertragsbeträge haben, profitieren folglich nicht von der Anhebung des Budgets. Die Neuregelung zur Übertragbarkeit der Eingliederungsmittel ist damit zwar eine deutliche Verbesserung für die Jobcenter, denn nicht ausgegebene Mittel gehen ihnen nun nicht mehr verloren, sondern können im Folgejahr weiterverwendet werden. Die damit verbundene Anhebung der Eingliederungsmittel hat allerdings lediglich haushaltsrechtliche Gründe und bedeutet keine echte Erhöhung.

Zum Weiterlesen:

Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD

Bundesagentur für Arbeit, Eingliederungsbilanzen, Rechtskreis SGB II