6. März 2014
(o-ton) „Hartz IV“-Empfänger sind weder faul noch unsozial. Das ermittelten Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum. Sie verglichen berufsrelevante Persönlichkeitsprofile von Arbeitslosen und Erwerbstätigen und fanden kaum Unterschiede. Die vorherrschenden Stereotype müssten daher revidiert werden.
Gibt es relevante Unterschiede in der Persönlichkeit von Arbeitslosen und Berufstätigen? Dieser Frage sind die Sozialwissenschaftler Philip Frieg und Rebekka Schulz von der Ruhr-Universität Bochum nachgegangen. Sie verglichen beruflich relevante Persönlichkeitsmerkmale wie Leistungsmotivation, Sozialverträglichkeit oder Durchsetzungsstärke bei „Hartz IV“-Empfängern und Berufstätigen. Das Ergebnis: Die beiden Gruppen unterscheiden sich kaum voneinander.
So zeigten die Arbeitslosen beispielsweise nicht weniger Ehrgeiz oder Leistungswillen als die berufstätigen Testpersonen. Arbeitslose seien zudem im gleichen Maße in der Lage, sich zu begeistern sowie ebenso freundlich und sozial wie Berufstätige. Auch verfügten sie über ähnlich hohe Durchsetzungsstärke und Selbstbewusstsein wie die Beschäftigten.
Lediglich bei der Teamorientierung, der Führungsmotivation und der Wettbewerbsorientierung fanden die Wissenschaftler relevante Unterschiede. So arbeiteten Arbeitsuchende lieber alleine, übernähmen weniger gerne Führungsaufgaben und scheuten eher den beruflichen Wettbewerb.
„Arbeitslose sind nicht generell faul, unsozial oder antriebsarm“, resümieren Frieg und Schulz ihre Ergebnisse. Die vorherrschenden Stereotype gegenüber Arbeitslosen müssten daher revidiert werden.
Für ihre Befragung nutzten Frieg und Schulz das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP), ein Persönlichkeitstestverfahren mit starkem Berufsbezug. Das BIP erfasst 17 Persönlichkeitsmerkmale anhand von 253 Aussagen. Die Wissenschaftler werteten insgesamt 407 Fragebögen von Sachbearbeitern und Fachkräften (ohne Führungsverantwortung) sowie “Hartz IV“-Empfängern des Jobcenters Kaufbeuren aus. Die Studienergebnisse sind daher nicht bundesweit repräsentativ.
Ähnliche Ergebnisse lieferte eine Studie des Instituts für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS) der Hochschule Koblenz. Die Forscher untersuchten anhand des Panels Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung (PASS) die Arbeitsmotivation von Erwerbstätigen und Arbeitslosen und ermittelten eine sogar höhere Arbeitsmotivation bei der arbeitslosen Bevölkerung. Auch von einem Einrichten in der Arbeitslosigkeit könne keine Rede sein, denn mit zunehmender Dauer der Beschäftigungslosigkeit nehme die Arbeitsmotivation nicht ab, sondern bleibe auf hohem Niveau, heißt es in der Studie (O-Ton berichtete).
Zum Weiterlesen: