8. Oktober 2014
(o-ton) Rund 2,9 Millionen Arbeitslose zählte die offizielle Statistik im Juli 2014. Doch mit mehr als 6,9 Millionen waren fast zweieinhalbmal so viele Menschen in Deutschland abhängig von Arbeitslosengeld oder Hartz IV-Leistungen – darunter mehr als 1,7 Millionen Kinder. Denn nur einen Teil derer, die ihren Lebensunterhalt mit staatlicher Unterstützung bestreiten müssen, zählt die Bundesagentur für Arbeit auch tatsächlich zu den Arbeitslosen.
Monat für Monat verkündet die Bundesagentur für Arbeit (BA) die Arbeitslosenzahl. Doch sie ist nur die Spitze des Eisberges all jener Menschen, die in Deutschland Arbeitslosengeld I oder Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende (Hartz IV) erhalten. Der Hintergrund: Nicht alle Leistungsempfänger gelten als Arbeitslose im Sinne der Statistik.
So erklärt sich, dass es im Juli (teilweise aktuellste verfügbare Werte durch Wartezeiten in der Statistik) zwar „nur“ 2,87 Millionen Arbeitslose gab, aber insgesamt über 6,9 Millionen Leistungsempfänger. Zu ihnen zählen 910.000 Arbeitslosengeld I–Empfänger, 4,4 Millionen erwerbsfähige Hartz IV-Empfänger und 1,7 Millionen Kinder unter 15 Jahren, die in Hartz IV-Haushalten leben und Sozialgeld erhalten. Abgezogen werden müssen die Doppelbezieher von Arbeitslosengeld und Hartz IV-Leistungen, etwa 100.000 Personen (aktuelle Zahlen sind nur mit Wartezeit verfügbar, im Mai 2014 waren es 95.356 Menschen).
Nicht arbeitslos: Unterbeschäftigte, Aufstocker, keine Arbeit Suchende…
Trotz Leistungsbezug nicht zu den Arbeitslosen im Sinne der offiziellen Statistik gehören für die Bundesagentur für Arbeit zum einen die sogenannten Unterbeschäftigten und zum anderen Leistungsempfänger, die keine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung stehen. Auch Personen, die zwar Arbeit haben, aber dennoch Hartz IV-Leistungen erhalten, die umgangssprachlichen Aufstocker, zählen zu dieser Gruppe.
Die Unterbeschäftigten, die die BA in einer Art Nebenstatistik zur Arbeitslosenzahl führt, sind zwar de facto Arbeitslose, gelten für die Statistik aber nicht als solche, weil sie an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme teilnehmen, über 58 Jahre alt sind und innerhalb eines Jahres kein Jobangebot erhalten haben oder schlicht am Tag der Erfassung krankgeschrieben waren. Im Juli 2014 summierten sich die „Arbeitslosen“ aus der Unterbeschäftigungsstatistik und die „offiziell“ Arbeitslosen aus der Arbeitslosenstatistik auf über 3,66 Millionen Menschen. Bei dieser Zahl (Unterbeschäftigte im engeren Sinne) nicht berücksichtigt sind die Personen, die aus Arbeitslosigkeit heraus eine Selbstständigkeit aufbauten und dabei finanzielle Unterstützung erhielten, Personen in Altersteilzeit und Kurzarbeiter.
Personen, die keine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung stehen, widmen sich unter anderem der Kindererziehung, pflegen Angehörige, sind im Vorruhestand oder machen eine Ausbildung. Die Aufstocker arbeiten zwar mindestens 15 Stunden die Woche, erhalten aber zusätzlich zu ihrem geringen Gehalt Hartz IV-Leistungen beziehungsweise verdienen zum Hartz IV-Bezug hinzu. Im Hartz IV-System gelten über die Hälfte der Leistungsempfänger im erwerbsfähigen Alter als nicht arbeitslos (O-Ton berichtete, http://relaunch.o-ton-arbeitsmarkt.de/o-ton-news/hartz-iv-empfaenger-weniger-als-die-haelfte-ist-offiziell-arbeitslos).
Zum Weiterlesen:
Bundesagentur für Arbeit, Arbeitslose nach Rechtskreisen, Deutschland nach Ländern, September 2014
Bundesagentur für Arbeit, Aktuelle Eckwerte der Grundsicherung SGB II, September 2014
Bundesagentur für Arbeit, Arbeitslosengeld nach dem SGB III – Deutschland, Juli 2014, Tabelle 1
Bundesagentur für Arbeit, Analyse der Grundsicherung für Arbeitsuchende September 2014, S.24