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Jobcenter gefährden die Wirkung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen

Jobcentermitarbeiter ignorieren Fortschritte ihrer Kunden durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und vermitteln falsch oder gar nicht. Das kritisiert der Bundesrechnungshof in seinem Prüfbericht zum Absolventenmanagement, der O-Ton Arbeitsmarkt vorliegt. Maßnahmen seien deshalb oft „nur zufällig erfolgreich“.

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie Weiterbildungen oder Ein-Euro-Jobs sollen die Jobchancen der Teilnehmenden verbessern. Im Idealfall finden sie im Anschluss Arbeit. Von den Jobcentermitarbeitern wird deshalb ein gezieltes Absolventenmanagement erwartet. Ein bis drei Monaten vor, spätestens aber sechs Monate nach Ende einer Maßnahme sollen sie Gespräche mit den Teilnehmenden führen und die Berichte der Maßnahmenanbieter einsehen. Die neuen Informationen über die Teilnehmenden sollen sie in deren Bewerberprofil ergänzen und auf dieser Basis in Arbeit vermitteln oder ihre weitere Integrationsstrategie ausrichten.

Detaillierte Handlungsanleitungen finden die Mitarbeiter in den Jobcentern in gemeinsamer Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Kommunen (gE) unter anderem im 4-Phasenmodell der Integrationsarbeit. Für die Jobcenter in alleiniger Verantwortung der Kommunen (zugelassene kommunale Träger/zkT) existieren keine zentralen Vorgaben oder Weisungen, meist aber interne Anleitungen zum Absolventenmanagement, die denen des 4-Phasenmodells entsprechen.

Integrationsfachkräfte ignorieren die Vorgaben zum Absolventenmanagement

An Vorgaben und Handlungshilfen mangelt es also nicht, wohl aber massiv an der Umsetzung, wie eine Prüfung durch den Bundesrechnungshof ergeben hat. Zwischen November und Dezember 2015 untersuchten die Mitarbeiter insgesamt 492 Fälle in acht Jobcentern (davon fünf in gemeinsamer Einrichtung und drei in zugelassener kommunaler Trägerschaft). Die betrachteten Personen bezogen Hartz-IV-Leistungen und hatten seit Januar 2014 eine berufliche Weiterbildung, eine Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung oder einen Ein-Euro-Job beendet.

Das Ergebnis der Prüfer: „Die Integrationsfachkräfte der Jobcenter gE missachteten die zentralen Vorgaben der Bundesagentur für Arbeit, die der zkT deren interne Weisungen“ und „gefährdeten die Wirkung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen“, indem sie:

– in 41 Prozent der Fälle die vorgesehenen Gespräche mit den Teilnehmenden nicht führten. Wenn eine Beratung stattfand, wurde das Gespräch nur selten dafür genutzt, „weitere Informationen für die Integrationsarbeit zu sammeln“.

– in fast der Hälfte der geprüften Fälle den erfolgreichen Abschluss einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme ignorierten und ihre Strategie zur Integration in Arbeit nicht anpassten.

– sich häufig vielmehr darauf beschränkten, „weiterhin nur Eigenbemühungen zu verlangen und Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten“, statt eine neue Integrationsstrategie mit den Teilnehmenden zu entwickeln.

– in rund 39 Prozent der Fälle die Ergebnisse der Maßnahme nicht im Profil des Arbeitsuchenden dokumentierten und die Datensätze nicht aktualisierten. Wenn doch eine Dokumentation erfolgte, war diese „vielfach schematisch oder die Integrationsfachkräfte beschränkten sich darauf, frühere Beratungsvermerke zu kopieren“.

– in rund 45 Prozent der Fälle nach Ende der Maßnahme keine Vermittlungsvorschläge unterbreiteten.

Jobcenter verlängern die Hilfebedürftigkeit der Kunden

Mehrere Einzelfälle illustrieren die Ergebnisse des Bundesrechnungshofs in seinem Prüfbericht. So schloss eine Kundin die Weiterbildung zur Einzelhandelskauffrau mit „sehr gut“ ab. Die zuständige Integrationsfachkraft aktualisierte das Bewerberprofil der Kundin aber nicht, sondern führte sie weiterhin als Verkaufshilfe – mit entsprechend deutlich geringeren Vermittlungschancen. Eine weitere Kundin bestand die Weiterbildung zur Erzieherin erst nach der Wiederholungsprüfung. Das hielt das Jobcenter aber nicht nach. Erst ein Jahr später aktualisierte die Integrationsfachkraft das Profil und konnte der Kundin am selben Tag zehn passende Stellenvorschläge unterbreiten. In beiden Fällen erhielten die Kundinnen Vermittlungsvorschläge, die ihrem veralteten Profil entsprachen.

Aus Sicht des Bundesrechnungshofs sind von den Integrationsfachkräften nicht beachtete Ergebnisse der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ein wesentlicher Grund dafür, dass die Maßnahmen und anschließende Vermittlungsbemühungen wirkungslos bleiben. Die beobachteten Fälle zeigten laut Bundesrechnungshof exemplarisch, wie sich die Hilfebedürftigkeit verlängere, weil die Jobcenter keine Schlussfolgerungen aus erfolgreich absolvierten Maßnahmen ziehen.

Teure Maßnahmen laufen ins Leere – Erfolg eher zufällig

„Wenn die Jobcenter die Ergebnisse von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen nicht oder nur teilweise bei ihrer Integrationsarbeit berücksichtigen besteht die Gefahr, dass Leistungsberechtigte nicht oder nicht qualifikationsentsprechend integriert werden“, heißt es im Prüfbericht. In der Konsequenz seien erfolgreiche Vermittlungen nach Ende einer Maßnahme „oft nur zufällig“.

Die Prüfer ermittelten für die einzelnen Maßnahmen im Durchschnitt der Jobcenter Kosten zwischen rund 700 und 6.000 Euro. Verschwendete Gelder, wenn die Kenntnisse und Fertigkeiten, die die Teilnehmenden während Maßnahmen erwerben, nicht bei der weiteren Arbeit mit den Arbeitslosen genutzt werden und wieder verloren gehen.

Wenn die Teilnahme an einer Maßnahmen und die Fortschritte der Teilnehmenden nicht festgehalten werden, bestehe zudem die Gefahr, dass diese immer wieder an gleichen oder vergleichbaren Maßnahmen teilnehmen, ohne dass die kostspielige Förderung weitere Eingliederungsfortschritte erziele. Das wirke sich natürlich auch negativ auf die Motivation der Kunden aus, so die Prüfer des Bundesrechnungshofs in ihrem Bericht.

Gemeinsame Einrichtungen sind schlecht, zugelassene kommunale Träger noch schlechter

Die zugelassenen kommunalen Träger schnitten bei der Prüfung durchweg deutlich schlechter ab als die Jobcenter in gemeinsamer Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit und der Kommunen. Die Integrationsfachkräfte in den zkT beachten die Vorgaben „noch weniger …, als viele Integrationsfachkräfte der Jobcenter gE die zentralen Weisungen der BA“, heißt es in dem Bericht des Bundesrechnungshofs.

In 64 Prozent der Fälle bei den zugelassenen kommunalen Trägern gegenüber 33 Prozent in den gemeinsamen Einrichtungen wurden zum Ende der Maßnahme keine Gespräche mit den Kunden geführt. In 75 Prozent der Fälle aktualisierten die Mitarbeiter in den zkT das Bewerberprofil nicht. Bei den gE blieb das Profil in 27 Prozent der Fälle veraltet. Die gE unterbreiteten in 41 Prozent der Fälle keine Vermittlungsvorschläge, die zKT in 56 Prozent der Fälle.

„Aus unserer Sicht ist das Absolventenmanagement der Jobcenter gE … qualitativ besser und insgesamt konsequenter als das der zkT, aber auch das Absolventenmanagement der Jobcenter gE ist noch deutlich verbesserungswürdig“, fasst der Bundesrechnungshof zusammen. Verbesserungsvorschläge bleiben die Prüfer nicht schuldig.

Absolventenmanagement sollte intern besser geprüft werden

Die Jobcenter sollen die Ergebnisse der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen konsequenter auswerten und nutzen, indem sie die zentralen und örtlichen Weisungen und Empfehlungen gezielter als bisher anwenden, schlagen die Prüfer des Bundesrechnungshofs vor. Bei den Jobcentern in gemeinsamer Einrichtung seien dafür keine neuen oder zusätzlichen Weisungen nötig, wohl aber eine konsequentere Fachaufsicht. Zudem sei zu prüfen, ob die Steuerungssysteme den Führungskräften der Jobcenter genügend Anreize bieten, um das Absolventenmanagement stärker zu überwachen.

An das Bundesarbeitsministerium richtet sich die Empfehlung, gemeinsam mit den zuständigen Ministerien der Länder zu beraten, wie man die zugelassenen kommunalen Träger unterstützen könne, damit diese bessere Vermittlungsarbeit leisten.

Ausschlag für die Prüfung gab eine interne Untersuchung der Bundesagentur für Arbeit in ihren gemeinsamen Einrichtungen Ende 2014 mit „nicht zufriedenstellenden“ Ergebnissen. Bei 57 Prozent der Maßnahmeteilnehmenden hätten keine Vermittlungsaktivitäten stattgefunden, bei 41 Prozent sei das Profiling nicht angepasst worden und bei 27 Prozent hätten die Jobcenter anlässlich der Beendigung der Maßnahme keine Folgegespräche mit den Leistungsberechtigten geführt.