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Bundesverfassungsgericht: Termin zur Entscheidung über Sanktionen festgelegt

amnews-2-300x190Am 5. November wird das Bundesverfassungsgericht ein Urteil über Sanktionen im Hartz-IV-System fällen. Von den Kürzungen sind jeden Monat über 100.000 Personen betroffen. Doch nicht alle Sanktionen sind Gegenstand des Verfahrens.

Laut einer Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Oktober 2019 ist die Urteilsverkündung im Verfahren zu Sanktionen im Hartz-IV-System auf den 5. November 2019 festgelegt worden. Bereits am 15. Januar fand die mündliche Verhandlung in der Angelegenheit statt.

Empfänger von Hartz-IV-Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) sind gesetzlich zur Einhaltung verschiedener Auflagen verpflichtet. Kommen sie sie diesen Pflichten nicht nach, kann das zuständige Jobcenter Sanktionen, also Kürzungen der Sozialleistung, aussprechen. Das Gericht in Karlsruhe soll entscheiden, ob die Kürzungen mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Allerdings sind nicht alle Sanktionen Gegenstand des Verfahrens, sodass das Urteil keine grundsätzliche Entscheidung für oder gegen Leistungskürzungen im SGB II fällen muss.

Sanktionen bei „Pflichtverletzungen“

Das Verfahren beschäftigt sich ausschließlich mit sogenannten „Pflichtverletzungen“ nach §31 SGB II. Zu diesen zählen unter anderem Verstöße gegen die Eingliederungsvereinbarung, die Weigerung eine Arbeit, Ausbildung oder Maßnahme aufzunehmen oder fortzuführen sowie unwirtschaftliches Verhalten und ein absichtliches Herbeiführen der eigenen Hilfebedürftigkeit. Meldeversäumnisse, die mehr als drei Viertel der Sanktionen ausmachen, zählen nicht zu diesen Pflichtverletzungen.

Kein Urteil über schärfere Sanktionen von unter 25-Jährigen?

Außerdem befasst sich das Gericht mit den Sanktionen von über 25-Jährigen. Besonders umstritten sind hingegen die schärferen Sanktionsregeln für Jüngere. Während eine komplette Streichung des Regelsatzes bei über 25-Jährigen erst nach der dritten Pflichtverletzung möglich ist, greift diese Regelung bei unter 25-Jährigen bereits ab der ersten Pflichtverletzung.

Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigt, dass unter 25-Jährige nicht nur stärker, sondern auch häufiger sanktioniert werden. So war die offizielle Sanktionsquote von Jüngeren im Mai 2019 mit neun Prozent mehr als doppelt so hoch wie insgesamt (4,2 Prozent). Die Leistungskürzung von unter 25-Jährigen lag durchschnittlich bei 132 Euro im Monat und bei allen Leistungsempfängern im SGB II bei durchschnittlich 110 Euro pro Monat.

Wirksamkeit von Sanktionen ist nicht eindeutig nachweisbar

Bisherige empirische Untersuchungen von Sanktionen kommen zu verschiedenen Ergebnissen: Quantitative Studien des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) deuten darauf hin, dass sanktionierte Hartz-IV-Bezieher schneller Arbeit aufnehmen.  Mehrere qualitative Studien zeigten hingegen, dass Sanktionen die Lebenssituation von Hartz-IV-Beziehern eher destabilisieren als verbessern.

von Lena Becher



Zum Weiterlesen:

Bundesagentur für Arbeit, Sanktionen – Deutschland, West/Ost und Länder (Zeitreihe Monats- und Jahreszahlen ab 2007), August 2019.

Sell, Stefan (2019), Das kann weg!? Vollsanktionierte Hartz IV-Empfänger, ein Bestätigungsstempel vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen für 100-Prozent-Sanktionen und das Warten auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in: Aktuelle Sozialpolitik, 11.09.2019.