8. Dezember 2017
Im Juli 2017 gab es knapp 4,4 Millionen erwerbsfähige Hartz IV-Empfänger, aber weniger als die Hälfte von ihnen gilt als arbeitslos im Sinne der Statistik. Mit 62 Prozent wird der überwiegende Teil von ihnen nicht zu den Arbeitslosen gezählt. Das zeigt der aktuelle Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit.
Im Juli 2017 lebten in Deutschland knapp 6,4 Millionen Menschen in einem Hartz IV-Haushalt. Knapp 4,4 Millionen der Hartz-IV-Empfänger waren im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 Jahren und der Regelaltersgrenze und könnten grundsätzlich einer Arbeit von mehr als drei Stunden täglich nachgehen. Obwohl es laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Juli 2017 rund 80.000 mehr erwerbsfähige Hartz-IV-Empfänger als im Vorjahr gab, waren im Vergleich zum Vorjahr rund 100.000 Hartz-IV-Empfänger weniger offiziell arbeitslos: Nur noch knapp 1,7 Millionen bzw. 38 Prozent galten im Juli gemäß der BA-Statistik als arbeitslos. Wie ist das möglich?
666.000 oder etwa 15 Prozent der erwerbsfähigen Hartz IV-Bezieher arbeiteten mindestens 15 Stunden pro Woche. Gegenüber dem Vorjahr sind weniger Beschäftigte auf aufstockende Leistungen aus der Grundsicherung angewiesen. Ihre Zahl hat um rund 22.000 Personen abgenommen.
Bei insgesamt etwa 745.000 Personen oder 16 Prozent war Arbeit nicht zumutbar. Sie betreuten Kinder, pflegten Angehörige (zusammen etwa 325.000 beziehungsweise sieben Prozent) oder befanden sich in Ausbildung, Schule oder Studium (420.000 beziehungsweise zehn Prozent). Somit müssen sich aufgrund von Bildung oder familiären Verpflichtungen im Vergleich zu Juli 2016 rund 88.000 erwerbsfähige Hartz-IV-Empfänger weniger dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen.
605.000 oder 14 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nahmen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, zum Beispiel einem Ein-Euro-Job oder einer Weiterbildung teil. In dieser Gruppe gab es innerhalb eines Jahres einen deutlichen Zuwachs um rund 108.000 Personen.
Weitere etwa 306.000 Personen oder sieben Prozent galten nicht als arbeitslos, weil sie am Stichtag der Erfassung krankgeschrieben waren. Gegenüber Juli 2016 hat die Zahl der kurzzeitig Arbeitsunfähigen um 7.000 Personen leicht zugenommen.
Circa 161.000 oder vier Prozent waren älter als 58 Jahre und hatten entweder innerhalb der letzten zwölf Monate kein Jobangebot erhalten oder bezogen durch vorruhestandsähnliche Regelungen Arbeitslosengeld beziehungsweise „Hartz IV“-Leistungen unter erleichterten Bedingungen. Das sind rund 2.000 Personen weniger als im Vorjahresmonat.
All diese Personen sind erwerbsfähig und erhalten Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sie werden in der offiziellen Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) jedoch nicht berücksichtigt.
Versteckte Arbeitslosigkeit und Fluchtmigration
Ein Grund für den Zuwachs der versteckten Arbeitslosigkeit von Hartz-IV-Empfängern ist die Fluchtmigration der letzten zwei Jahre. Immer mehr Leistungsempfänger, die aus den zuzugsstärksten Asylherkunftsländern kommen, nehmen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teil. Deshalb beeinflusst die Fluchtmigration statistisch gesehen den Hartz-IV-Bezug in Deutschland deutlich stärker als die Zahl der Arbeitslosen.
Viele Flüchtlinge befinden sich nach Auskunft der BA in den ersten Monaten noch in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wie Integrations- und Sprachkursen und werden daher nicht als Arbeitslose gezählt (O-Ton berichtete). Die BA-Statistik aus dem Migrations-Monitor Arbeitsmarkt zeigt, dass die Zahl der erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger aus den zuzugsstärksten Asylherkunftsstaaten außerhalb Europas (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien) viel stärker gewachsen ist als die offizielle Arbeitslosigkeit.
von Lena Becher
Zum Weiterlesen:
Bundesagentur für Arbeit, Der Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland, November 2017.
Bundesagentur für Arbeit, Der Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland, November 2016.