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„80-Cent-Jobs“ für Flüchtlinge werden kaum genutzt

100.000 Flüchtlinge jährlich will Arbeitsministerin Nahles mit „80-Cent-Jobs“ fördern. Doch die Länder und Kommunen nehmen das Angebot kaum in Anspruch. Erst 12.000 Plätze sind beantragt. Zwei Bundesländer haben gar kein Interesse.

Mit 100.000 Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM) will Arbeitsministerin Andrea Nahles Flüchtlingen für maximal sechs Monate „erste Einblicke in den deutschen Arbeitsmarkt“ ermöglichen. Die inzwischen als 80-Cent-Jobs bekannten Maßnahmen entsprechen weitgehend den Ein-Euro-Jobs, nur mit geringerer Aufwandsentschädigung. Doch das Interesse ist offenbar nicht annähernd so groß, wie das Angebot. Nach dem Start im August 2016 sind im November erst rund 4.400 der geplanten Plätze vergeben. Beantragt haben die Länder und Kommunen bisher nur 12.000 Plätze. Mit dem Saarland und Hamburg haben sogar zwei Bundesländer gar kein Interesse. Fast die Hälfte der bundesweit beantragten Stellen entfallen allein auf Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM), Sonderauswertung.

Schleppende Besetzung – oft in den Unterkünften

Auch wenn die Länder Plätze beantragt haben, geht deren Besetzung nur schleppend voran. Nur Baden-Württemberg und Niedersachsen haben bisher die Hälfte ihrer eingeplanten Stellen vergeben, Thüringen erreicht 43 Prozent, Nordrhein-Westfalen 39 Prozent und Bayern 34. Die übrigen Länder haben bisher erst (teils deutlich) weniger als ein Drittel der beantragten Stellen besetzt, Bremen und Berlin konnten noch keine der beantragten Stellen besetzen. Hintergrund ist hier auch eine nur langsam vorangehende Genehmigung der beantragten Stellen. Bundesweit wurde bisher erst die Hälfte aller beantragten Plätze genehmigt.

Auch gelingt es weniger gut, die Flüchtlinge außerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte bei den Kommunen einzusetzen. Geplant war eine Verteilung der FIM zu 75 Prozent auf externe und zu 25 Prozent auf interne Maßnahmen. Die tatsächliche Verteilung liegt aber aktuell bei 60 Prozent externen Stellen und 40 Prozent Stellen innerhalb der Unterkünfte.

Wenig Interesse an den „Warte-Jobs“

Die Zielgruppe der Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen mit einer maximalen Dauer von sechs Monaten sind Volljährige mit guter Bleibeperspektive, über deren Asylantrag noch nicht entschieden ist. Die FIM sind also „Warte-Ein-Euro-Jobs“ für die Zeit zwischen Antrag und endgültigem Bescheid und damit für einen Zeitraum, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BMAF) immer mehr verkürzen soll und will.

Und genau das könnte einer der Gründe für das zurückhaltende Interesse sein. Unter den Ländern, die bisher keine oder nur wenige FIM besetzt beziehungsweise beantragt haben, sind auch die Länder mit den kürzesten Bearbeitungsdauern wie das Saarland und Sachsen-Anhalt. Hier könnte es sich schlicht nicht lohnen, einem Flüchtling mit guter Bleibeperspektive eine FIM anzubieten. Anerkannten Flüchtlingen stehen im Übrigen alle regulären arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen offen, darunter auch die herkömmlichen Ein-Euro-Jobs.

Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Sonderauswertung.

Allerdings sind die Bearbeitungszeiten auch in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, die besonders viele Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen beantragt und auch besetzt haben, mit 5,3 und 5,9 Monaten vergleichsweise kurz. Beide Länder haben allerdings besonders hohe Asylantragszahlen, sodass sich hinter den Durchschnittswerten hohe Streuungen verbergen können.

Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Aktuelle Zahlen zu Asyl (11/201

Bundesweit betrug die Bearbeitungsdauer in den ersten elf Monaten des Jahres 2016 durchschnittlich 6,9 Monate. Gegenwärtig steigt sie vorübergehend wieder an, da das BAMF seit Anfang 2016 viele alte und teilweise komplexere Verfahren entscheidet, die bereits lange anhängig waren. Für das besonders zuzugsstarke Herkunftsland Syrien ist die Verfahrensdauer mit 3,6 Monaten jedoch deutlich kürzer. Bei Neufällen (Antrag nach dem 1. Juni) beträgt sie nur zwei Monate. Entsprechend hängt die durchschnittliche Bearbeitungsdauer auch von den verschiedenen Herkunftsländern der Flüchtlinge im Bundesland ab.

Flüchtlinge kommen im Hartz-IV-System an – und auf dem Arbeitsmarkt

Inzwischen sind rund 530.000 Menschen aus den zuzugsstärksten Asylherkunftsländern außerhalb Europas (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien) im Hartz-IV-System angekommen. Eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben rund 119.000 und arbeitslos sind 172.000.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Eckwerte Arbeitsmarkt und Grundsicherung auf Bundesebene.

Zum Weiterlesen:

Bundesagentur für Arbeit, Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM), Sonderauswertung.

Bundesagentur für Arbeit, Eckwerte Arbeitsmarkt und Grundsicherung auf Bundesebene

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Aktuelle Zahlen zu Asyl (November 2016)