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Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW: Der Ausweg aus Hartz IV fällt immer schwerer – Politik muss mehr und besser fördern

(o-ton) In Nordrhein-Westfalen steigt sowohl die Zahl der Hartz-IV-Empfänger als auch die Zahl derer, die dauerhaft keinen Ausweg aus der Armut finden. Dennoch gibt es immer weniger öffentlich geförderte Arbeitsplätze für die Betroffenen. Statt für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, verwenden die Jobcenter ihre Fördergelder zunehmend für Verwaltungsausgaben. Das kritisiert die Freie Wohlfahrtspflege NRW in der aktuellen Ausgabe des Arbeitslosenreports. 

Der aktuelle Arbeitslosenreport NRW befasst sich mit dem Thema öffentlich geförderte Beschäftigung. Hier die zentralen Ergebnisse:

Immer mehr Langzeit-Hartz-IV-Bezieher

Von der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt konnten erwerbsfähige Hartz-IV-Bezieher (über 17 Jahre) in den letzten Jahren kaum profitieren. Ihre Zahl stieg von rund 1,092 Millionen Menschen im Februar 2013 auf über 1,112 Millionen Menschen im Februar 2015. Hinzu kommt: 70 Prozent der Hartz-IV-Empfänger sind Langzeitleistungsbezieher. Sie waren in den letzten 24 Monaten mindestens 21 Monate hilfebedürftig. Auch ihre Zahl hat in den letzten Jahren weiter zugenommen: Von 770.563 im Februar 2013 auf 777.190 im Februar 2015.

Politik spart weiter bei der öffentlich geförderten Beschäftigung

Für Menschen, deren Chancen auf Vermittlung in Arbeit sehr gering sind, gibt es so genannte Maßnahmen der öffentlich geförderten Beschäftigung (ögB), zum Beispiel Ein-Euro-Jobs. Doch obwohl die Zahl der potentiellen Förderkandidaten steigt, reduziert die Politik die Maßnahmenplätze kontinuierlich. Zwischen Juni 2011 (rund 40.000 Teilnehmer) und Juni 2015 (etwa 24.600 Teilnehmer) nahm die Zahl der so geförderten Menschen um etwa 38 Prozent ab.

Jobcenter zweckentfremden Fördergelder für die Verwaltung

Das Budget, das den Jobcentern für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zur Verfügung steht, ist in den letzten Jahren deutlich reduziert worden. Standen hierfür 2011 noch mehr als 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung, waren es 2014 nur noch rund 924 Millionen Euro. Hinzu kommt, dass die Jobcenter dieses Geld zunehmend nutzen, um ihre Verwaltungskosten zu decken. 2014 wurden 15 Prozent der Eingliederungsmittel, die für die Finanzierung von Maßnahmen zur Verfügung standen, in das Verwaltungsbudget umgeschichtet, 2011 waren es erst sechs Prozent.

In NRW entnahmen zuletzt 21 der 53 Jobcenter 20 bis maximal 31 Prozent der Mittel aus dem Eingliederungsbudget und nutzten das Geld für Verwaltungsaufgaben. Bei nur acht Jobcenternblieb der Umschichtungsanteil unter zehn Prozent. Keines der Jobcenter nutzte den gesamten Eingliederungsetat für seinen eigentlichen Zweck.

„Wir brauchen mehr und bessere Förderangebote“

Ludger Jutkeit, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege in NRW, kritisiert: „Statt Kürzungen und Umschichtungen von Geldern in den Verwaltungsetat der Jobcenter brauchen wir wieder mehr Mittel für vielfältige und vor allem längerfristig angelegte Angebote zur sozialen Stabilisierung und beruflichen Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen.“ Für diejenigen, denen der konventionelle Arbeitsmarkt dann immer noch keinen Arbeitsplatz biete, müssten sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze auch unbefristet mit Lohnkostenzuschüssen gefördert werden können.

„In der heutigen Arbeitswelt gelingt es schon lange nicht mehr, soziale Teilhabe durch Arbeit ohne ausgleichende staatliche Maßnahmen umzusetzen“, so Lutkeit weiter. „Gegen das offensichtliche Marktversagen benötigen wir einen Sozialen Arbeitsmarkt mit entsprechenden Angeboten öffentlich geförderter Beschäftigung.“ Die Freie Wohlfahrtspflege habe Modelle vorgelegt, wie Lohnkostenzuschüsse durch einen „Passiv-Aktiv-Tausch“, die ohne nennenswerte Zusatzbelastungen für die Steuerzahler finanziert werden könnten.

Heinrich Westerbarkey vom Caritasverband für das Erzbistum Paderborn ergänzt: „In NRW gibt es bereits ein Landesprogramm „Öffentlich geförderte Beschäftigung“, das auch die Finanzierung mittels Passiv-Aktiv-Tausch erprobt. Da ist NRW dem Bund schon ein paar Schritte voraus. Das freut uns als Freie Wohlfahrtspflege NRW und wir unterstützen das Programm sehr.“

Report schafft Aufmerksamkeit für Langzeitarbeitslose und Langzeit-Hartz-IV-Empfänger

Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen seit 2013 regelmäßig den „Arbeitslosenreport NRW“ in Kooperation mit dem Institut für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS) der Hochschule Koblenz. Ziel der Veröffentlichung ist es, den öffentlichen Fokus auf das Thema Arbeitslosigkeit als wesentliche Ursache von Armut und sozialer Ausgrenzung zu lenken, die offizielle Arbeitsmarktberichterstattung kritisch zu hinterfragen und dabei insbesondere die Situation in Nordrhein-Westfalen zu beleuchten. Jede Ausgabe widmet sich hierzu einem Schwerpunktthema. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und SGB-II-Hilfequoten, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen.

Josef Lüttig, Vorsitzender des Ausschusses Arbeit / Arbeitslosigkeit von der Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege, erläutert: „Es ist uns wichtig, das Ausmaß von Langzeit- und Dauerarbeitslosigkeit und damit eine der Hauptursachen für Armut in Nordrhein-Westfalen stärker in die Öffentlichkeit zu kommunizieren. Wir nutzen dazu die offiziellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit, wählen aber einen anderen Fokus, damit das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit und der dauerhaften Abhängigkeit von Hartz-IV-Leistungen nicht übersehen wird.“

Zum Weiterlesen:

Freie Wohlfahrtspflege NRW, Arbeitslosenreport NRW