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Arbeitslosenreport NRW: Freie Wohlfahrtspflege fordert neue Strategien zur Überwindung von Erwerbsarmut

amnews-2-300x190Arbeit schützt nicht immer vor Armut. Das zeigt der Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Hunderttausende Erwerbstätige im Bundesland seien von Armut bedroht und viele müssen sogar ergänzende staatliche Leistungen zur Existenzsicherung in Anspruch nehmen.

Jeder elfte Erwerbstätige in Nordrhein-Westfalen ist von Armut bedroht, wie der aktuelle Arbeitslosenreport „Arm trotz Arbeit“ der Freien Wohlfahrtspflege NRW zeigt. Angaben des Statistischen Bundesamts zufolge waren im Jahr 2018 rund 762.000 Erwerbstätige in NRW armutsgefährdet. Die bundeseinheitliche Armutsgefährdungsschwelle für eine Einzelperson lag 2018 bei einem monatlichen Haushaltseinkommen von unter 1.035 Euro im Monat. Das Armutsrisiko von Erwerbstätigen in NRW ist damit zwischen 2008 und 2018 von sieben auf knapp neun Prozent gestiegen.

Für Christian Heine-Göttelmann, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW, spiegelt dies eine fehlgeleitete Arbeitsmarktpolitik wider, die eher auf die Quantität als die Qualität der Beschäftigungsverhältnisse konzentriert ist. „Menschen dürfen im Jobcenter nicht länger zu einer möglichst raschen Arbeitsaufnahme in einen schlecht bezahlten Job gedrängt werden“, so Heine-Göttelmann. „Gefordert sind vielmehr individuelle Begleitung und längerfristige Qualifizierungsangebote, die arbeitslosen Menschen tatsächlich einen Ausstieg aus prekärer Beschäftigung im Niedriglohnsektor und einen Einstieg in besser bezahlte Jobs ermöglichen.“

17 Prozent der Vollzeitbeschäftigten arbeiten zu einem Niedriglohn

Der Arbeitslosenreport offenbart außerdem, dass mittlerweile jeder sechste Vollzeitbeschäftigte in Nordrhein-Westfalen zu einem Niedriglohn beschäftigt ist. Einer Auswertung der Bundesagentur für Arbeit (BA) zufolge erzielten 17 Prozent der Vollzeitbeschäftigten in NRW Ende 2018 ein monatliches Einkommen unterhalb der bundeseinheitlichen Niedriglohnschwelle von 2.203 Euro brutto. Frauen, Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft und Personen ohne Berufsabschluss sind dabei besonders stark betroffen: Ein Viertel der vollzeitbeschäftigten Frauen und je über ein Drittel der vollzeitbeschäftigten Ausländer und Geringqualifizierten erhielt laut BA-Statistik nur einen Niedriglohn. Die Freie Wohlfahrtspflege in NRW fordert daher eine bessere Beratung und berufsbegleitende Qualifizierungsangebote für Frauen, sowie einen Ausbau der Unterstützungsangebote für an- und ungelernte Arbeitskräfte.

Ein Viertel der Hartz-IV-Beziehenden ist erwerbstätig

Erwerbstätige, deren Einkommen nicht das Existenzminimum deckt, können aufstockende Hartz-IV-Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Anspruch nehmen. Wie der Arbeitslosenreport zeigt, traf dies im März 2019 auf knapp 280.000 Erwerbstätige in Nordrhein-Westfalen zu. Ein Viertel der 1,14 Millionen Leistungsbeziehenden im Bundesland ging also einer Beschäftigung nach.

Bei den Beschäftigungsverhältnissen handelte es sich überwiegend um Teilzeitjobs und geringfügige Beschäftigungen, allerdings befanden sich auch rund 30.000 Vollzeitbeschäftigte unter den Hartz-IV-Beziehenden. „Es ist ein Skandal, dass so viele Menschen auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt für sich oder ihre Familien angewiesen sind“, betont Heine-Göttelmann. Die Freie Wohlfahrtspflege plädiert daher für eine stärkere Förderung von Beschäftigungsverhältnissen, die den Beschäftigten und ihren Familien tatsächlich eine wirtschaftliche und soziale Absicherung bieten.

von Lena Becher



Zum Weiterlesen:

Freie Wohlfahrtspflege NRW, Arbeitslosenreport 04/2019: Arm trotz Arbeit.