3. Dezember 2019
In Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) neue fachliche Weisungen zu Sanktionen im Hartz-IV-System verabschiedet. Im Gegensatz zu einem früheren Entwurf legen die Weisungen das Urteil großzügig aus: Zukünftig soll es weder Sanktionen von mehr als 30 Prozent der Sozialleistung, noch schärfere Kürzungen für Jüngere geben.
Mit seinem Urteil am 5. November 2011 hat das Bundesverfassungsgericht einen Teil der Sanktionen im Hartz-IV-System für verfassungswidrig erklärt. Kürzungen gegenüber über 25-Jähringen von mehr als 30 Prozent der Sozialleistung bei Verletzungen der Mitwirkungspflicht sind laut Urteil nicht verfassungsgemäß. Nun hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) neue fachliche Weisungen zur Umsetzung des Urteils veröffentlicht. Diese sind sofort gültig und regeln die Sanktionspraxis in den Jobcentern bis zu der nötigen Gesetzesänderung.
Die nun verabschiedeten Weisungen legen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts großzügig aus. Sanktionen über die Höhe von 30 Prozent hinaus sind generell nicht zulässig – unabhängig vom Alter der sanktionierten Person und vom Anlass der Leistungskürzung. Das ist deshalb bedeutsam, weil sich die Karlsruher Richter in ihrem Urteil lediglich auf Sanktionen bezogen, die aufgrund einer sogenannten Pflichtverletzung gegenüber über 25-jährigen Empfängern von Hartz-IV-Leistungen verhängt werden. Die zuvor schärferen Kürzungen für unter 25-Jährige und addierte Leistungskürzungen über die Höhe von 30 Prozent hinaus aufgrund von mehreren Sanktionen sind somit nicht mehr möglich.
Laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts dürfen in Härtefällen Sanktionen auch unterhalb der Höhe von 30 Prozent nicht verhängt werden. Darüber hinaus müssen die Kürzungen beendet werden, sobald die sanktionierte Person ihre Bereitschaft zur Erfüllung der Mitwirkungspflicht „ernsthaft und nachhaltig“ erklärt. Auch diese Inhalte des Urteils setzt die BA in ihrem Entwurf der fachlichen Weisungen sowohl für den Bereich der Meldeversäumnisse, als auch für den Bereich der Pflichtverletzungen um.
Änderungen an Entwurfsfassung nach vielseitiger Kritik
In der vergangenen Woche gelangte ein Entwurf an die Öffentlichkeit, der die Möglichkeit von Leistungskürzungen über eine Höhe von 30 Prozent hinaus beinhaltete. Diesem ersten BA-Entwurf zufolge sollten Kürzungen aufgrund von Pflichtverletzungen nach §31 SGB II mit einer maximalen Höhe von 30 Prozent gleichzeitig mit Sanktionen aufgrund von Meldeversäumnissen nach §32 SGB II verhängt werden können. Nach erheblicher Kritik von Sozialverbänden verwies das BMAS in einem Tweet darauf, dass es sich bei den veröffentlichten Weisungen lediglich um einen Entwurf handelte. Die verabschiedete Fassung beinhaltet nun die klare Formulierung, dass eine Addition von verschiedenen Sanktionen nicht zulässig ist.
von Lena Becher
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