11. Juli 2017
Im Januar 2016 lebten nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) knapp 2,8 Millionen Menschen seit mindestens zwei Jahren nahezu dauerhaft von Hartz-IV-Leistungen. In Ostdeutschland ist der Bezug von Hartz-IV-Leistungen besonders verhärtet. Im Vorjahr war der Langzeitleistungsbezug – gerade im Vergleich zur Langzeitarbeitslosigkeit – trotz der positiven Entwicklungen am Arbeitsmarkt zudem kaum gesunken.
Für knapp 2,8 Millionen Hartz-IV-Empfänger ist das Leben von Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende ein Dauerzustand. Sie sind sogenannte Langzeitleistungsbezieher. Dies geht aus der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor. Langzeitleistungsbezieher sind erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die in den vergangenen 24 Monaten mindestens 21 Monate hilfebedürftig waren/Hartz IV-Leistungen bezogen haben. Im Januar war demnach mehr als jeder zweite (rund 63 Prozent, Daten nur mit Wartezeit verfügbar) der in Deutschland lebenden 4,36 Millionen erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger Langzeitleistungsbezieher. Langzeitleistungsbezieher werden erst ab Vollendung des 17. Lebensjahres ausgewiesen.
Große regionale Unterschiede
Diese Form des verhärteten Hartz-IV-Bezugs ist regional unterschiedlich ausgeprägt. In Ostdeutschland sind laut BA-Statistik knapp 70 Prozent der Hartz-IV-Empfänger im Langzeitleistungsbezug. In Westdeutschland sind es dahingegen 61 Prozent. Unter den Bundesländern ist Berlin „Spitzenreiter“. Über 70 Prozent der dort lebenden Menschen im Hartz-IV-Bezug waren in den vergangenen zwei Jahren nahezu dauerhaft auf Leistungen der Jobcenter angewiesen. Die wenigsten Langzeitleistungsbezieher im Verhältnis zu allen Leistungsbeziehern gibt es in Bayern. Hier sind rund 53 Prozent der Hartz-IV-Empfänger auch Langzeitleistungsbezieher.
Mehr Langzeitleistungsbezieher als Langzeitarbeitslose
Langzeitleistungsbezug ist nicht deckungsgleich mit Langzeitarbeitslosigkeit. So gab es im Januar fast dreimal so viele Langzeitleistungsbezieher wie Langzeitarbeitslose. Deren Zahl belief sich im Januar 2017 „nur“ auf knapp eine Million, wie aus der Statistik der BA ersichtlich ist. Innerhalb des Vorjahres war die Zahl der Langzeitarbeitslosen außerdem wesentlich stärker gesunken als die der Langzeitleistungsbezieher: Von Januar 2016 bis Januar 2017 ging die Zahl der Langzeitarbeitslosen um rund zehn Prozent (knapp 96.000) zurück – die Zahl der Langzeitleistungsbezieher sank im selben Zeitraum aber nur um zwei Prozent (knapp 56.000).
Warum also führt ein Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit nicht auch zu einem gleichermaßen starken Rückgang des Langzeitleistungsbezugs? Ein politisches Ziel der BA ist, dass Hartz-IV-Empfänger (möglichst nachhaltig) ihre Hilfebedürftigkeit beenden. Allerdings beendet nicht jeder Hartz-IV-Empfänger die Langzeitarbeitslosigkeit durch eine Arbeitsaufnahme.
Denn wenn Langzeitarbeitslose an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme von mehr als sechs Wochen teilnehmen, zum Beispiel einem Ein-Euro-Job oder einer Weiterbildung, werden sie danach wieder als Kurzzeitarbeitslose gezählt, obwohl sie in der Zwischenzeit weder Arbeit gefunden noch den Arbeitslosengeldbezug beendet haben (O-Ton berichtete). Anders verhält es sich bei der statistischen Erfassung vom Langzeitleistungsbezug. Dieser wird nur beendet, wenn ein Hartz-IV-Empfänger länger als drei Monate keine Leistungen mehr bezogen hat.
von Lena Becher
Zum Weiterlesen:
Bundesagentur für Arbeit, Arbeitslose nach Rechtskreisen (Monatsheft) – Deutschland, Tabelle 22.
O-Ton Arbeitsmarkt, Langzeitarbeitslosigkeit – Nur jeder Zehnte schafft es in Arbeit, 10.05.2017.