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Kürzungen bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen offenbaren wahres Ausmaß der Langzeitarbeitslosigkeit

(o-ton) Immer weniger Langzeitarbeitslose nehmen an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik teil. Das schlägt sich inzwischen deutlich in der Statistik nieder. Die Dauer der Arbeitslosigkeit steigt seit Reduktion der Maßnahmen kontinuierlich. Der Hintergrund: Nach jeder Maßnahmenteilnahme beginnt die Arbeitslosigkeit für die Statistik wieder von Neuem. Weil das nun immer seltener der Fall ist, wird das wahre Ausmaß der Langzeitarbeitslosigkeit sichtbar.

Wenn Arbeitslose an bestimmten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnehmen, beendet das rein statistisch ihre Arbeitslosigkeit. Für die Dauer der Arbeitslosigkeit bedeutet das: Nach Ende einer Maßnahme wird so getan, als sei die Person gerade erst arbeitslos geworden. Die Bundesagentur nennt dies „schädliche Unterbrechungen“ der Arbeitslosigkeitsdauer. Neben der Teilnahme an einer Maßnahme ist eine Unterbrechung „schädlich“, wenn Arbeitslose sich für mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig melden oder nicht erwerbstätig abgemeldet sind.

Dieser statistische Kniff bewirkt, dass die offiziellen Zahlen zur Dauer der Langzeitarbeitslosigkeit deutlich untertreiben und zwar umso stärker, je mehr „schädliche Unterbrechungen“ stattfinden.
Weil die Maßnahmen der öffentlich geförderten Beschäftigung (ögB) seit Ende 2010 aber massiv zurückgefahren werden, werden „schädliche Unterbrechungen“ immer seltener – und die Angaben zur Dauer der Arbeitslosigkeit dadurch realistischer.

Weniger Maßnahmen – offiziell längere Arbeitslosigkeit

Ende 2010 begannen die Kürzungen bei der öffentlich geförderten Beschäftigung mit massiven Einschnitten bei den Ein-Euro-Jobs durch die Bundesagentur für Arbeit. Ende 2011 startete die schrittweise Umsetzung der Instrumentenreform. Parallel steigt seit Anfang 2011 die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit bei Hartz IV-Beziehern nahezu kontinuierlich an. Lag sie im Januar 2011 noch bei 476 Tagen beziehungsweise einem Jahr und etwa dreieinhalb Monaten, ist sie bis April dieses Jahres auf 546 Tage, entsprechend rund anderthalb Jahre, angewachsen. Darüber hinaus war die durchschnittliche Dauer im gesamten Beobachtungszeitraum nie höher.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit (Januar 2009 bis April 2012), Arbeitslose nach Rechtskreisen (Monatsheft), Tab. 24; Zeitreihen zu ausgewählten arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, Deutschland, SGB II, Bestandsdaten, Darstellung O-Ton Arbeitsmarkt

Der Effekt wird seit Anfang 2011 deutlich: Weil die Zahl der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sinkt, nimmt die statistisch ausgegebene Dauer der Arbeitslosigkeit zu. Die leichte zeitliche Verzögerung der Wirkung (die Reduktion der Maßnahmen begann im November 2010, eine Zunahme der Arbeitslosigkeitsdauer ist aber erst ab März 2011 zu erkennen) erklärt sich dadurch, dass die Personen, die aus einer Maßnahme kommen, zunächst in eine neue Arbeitslosigkeitsperiode starten, bei der die Zählung der Dauer von vorne beginnt. Erst mit der Zeit, also wenn diesen Personen keine Maßnahmen mehr angeboten werden können und sie aufgrund dessen durchgängig arbeitslos bleiben, werden die Auswirkungen in der Statistik sichtbar.

Verstärkung des Effekts zu erwarten

Die Umsetzung der Instrumentenreform sieht weitere Reduzierungen bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen vor. Langzeitarbeitslose werden also zukünftig immer seltener an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnehmen und „schädliche Unterbrechungen“ der Arbeitslosigkeitsdauer damit ebenfalls immer seltener werden. Entsprechend ist davon auszugehen, dass sich der Effekt auf die Dauer der Langzeitarbeitslosigkeit noch verstärken und die Statistik sich immer mehr der tatsächlichen Dauer nähern wird.

Zum Weiterlesen:

Bundesagentur für Arbeit, Arbeitslose nach Rechtskreisen (Monatsheft), Januar 2009 bis April 2012

Bundesagentur für Arbeit, Zeitreihen zu ausgewählten arbeitsmarktpolitischen Instrumenten – Deutschland, Regionaldirektionen (Bestandsdaten)