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Langzeitarbeitslose: Nur jeder Zehnte erhält arbeitsmarktpolitische Förderung

Trotz der guten Arbeitsmarktlage gab es zuletzt noch über 850.000 Langzeitarbeitslose in Deutschland. Langzeitarbeitslose haben nicht nur schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt, sondern sind auch bei arbeitsmarktpolitischen Fördermaßnahmen benachteiligt, wie aus einer statistischen Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit hervorgeht.

Zwischen August 2017 und Juli 2018 gab es laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) rund 853.000 Langzeitarbeitslose in Deutschland. Die Überwindung von Langzeitarbeitslosigkeit stellt nach wie vor für viele Betroffene auch bei guter Arbeitsmarktlage eine große Herausforderung dar. Viele Langzeitarbeitslose haben eines oder mehrere sogenannte Vermittlungshemmnisse, die die Arbeitssuche erschweren. Hier setzen arbeitsmarktpolitische Förderangebote der BA oder der Jobcenter an. Diese sollen (Langzeit-)Arbeitslose bei dem Abbau von Hemmnissen und der Aufnahme einer Arbeit unterstützen.

Langzeitarbeitslose bei Förderungen abgehängt

Doch wie eine aktuelle Sonderauswertung der BA für O-Ton Arbeitsmarkt zeigt, wird nur eine kleine Auswahl der potentiellen Teilnehmer an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen auch tatsächlich gefördert. Nur rund jeder Zehnte der über 853.000 Langzeitarbeitslosen nahm zuletzt an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme teil (Stand: November 2018, Daten nur mit Wartezeit verfügbar).

Bei den Nicht-Langzeitarbeitslosen erhielt hingegen rund jeder Sechste eine Förderung. Das zeigen die Aktivierungsquoten der BA. Sie geben Auskunft über das Verhältnis zwischen den grundsätzlich förderbaren Personen und den tatsächlich Geförderten. Langzeitarbeitslose werden also trotz ihrer benachteiligten Stellung am Arbeitsmarkt im Vergleich mit Kurzzeitarbeitslosen deutlich seltener gefördert.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Darstellung O-Ton Arbeitsmarkt

Weniger Förderungen im Hartz-IV-System

Langzeitarbeitslose werden laut BA-Statistik in beiden Rechtskreisen seltener gefördert. Die besonders niedrige Aktivierungsquote im System der Arbeitslosenversicherung (SGB III) kann dabei allerdings auch damit erklärt werden, dass es im SGB III nur sehr wenige Langzeitarbeitslose gibt. Neun von Zehn Langzeitarbeitslosen werden im SGB II, dem Hartz-IV-System betreut. Generell liegt das Förderniveau von Arbeitslosen im Hartz-IV-System gemessen an der Aktivierungsquote jedoch deutlich unter dem im System der Arbeitslosenversicherung: Während im Hartz-IV-System rechnerisch nicht einmal jeder Fünfte Arbeitslose eine Förderung erhielt, war es im System der Arbeitslosenversicherung beinahe jeder Vierte.

Berechnung der Langzeitarbeitslosigkeit

Als langzeitarbeitslos im Sinne der BA-Statistik gilt, wer seit mehr als einem Jahr bei der BA arbeitslos gemeldet ist. Dabei können schädliche Unterbrechungen der Langzeitarbeitslosigkeit, wie zum Beispiel durch eine lange Krankheit oder die Teilnahme an einer mehr als sechswöchigen Maßnahme dazu führen, dass Personen nach der Unterbrechung erneut als Kurzzeitarbeitslose zählen – obwohl sie währenddessen keine Arbeit aufgenommen haben (O-Ton berichtete).

Für einige arbeitsmarktpolitische Förderungen müssen Teilnehmende vor der Förderung langzeitarbeitslos gewesen sein. Hierbei werden die schädlichen Unterbrechungen allerdings nicht mehr berücksichtigt. Kurzzeitarbeitslose im Sinne der Statistik können also als Langzeitarbeitslose im förderrechtlichen Sinne an Maßnahmen für Langzeitarbeitslose teilnehmen. Bei der hier dargestellten Aktivierungsquote handelt es sich jedoch um Langzeitarbeitslose im Sinne der Statistik. Daher muss davon ausgegangen werden, dass die hier dargestellte Aktivierungsquote nicht alle Teilnahmen von de facto Langzeitarbeitslosen abbildet. Der immense Abstand zum gesamten Durchschnitt aller Teilnehmenden weist dennoch auf ein Ungleichgewicht der Förderung hin, dass die Benachteiligung von Langzeitarbeitslosen eher zementiert, denn aufhebt.

von Lena Becher

 

 

Zum Weiterlesen:

Bundesagentur für Arbeit, Aktivierungsquote (AQ1) nach Rechtskreisen, Deutschland, Sonderauswertung für O-Ton Arbeitsmarkt, November 2018.

O-Ton Arbeitsmarkt, Teilhabechancengesetz: Bundestag beschließt sozialen Arbeitsmarkt, 09.11.2018.

Bild:Colourbox.de