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Mehr Sanktionen gegen „Hartz IV“-Bezieher wegen Arbeitsverweigerung?

(o-ton) 2012 wurden rund 1.025.000 Sanktionen gegen „Hartz IV“-Bezieher verhängt. Die Zahl hat damit gegenüber dem Vorjahr um elf Prozent zugenommen. Grund hierfür sind aber keineswegs häufigere Ablehnung von Jobangeboten oder mangelnde Eigeninitiative bei der Jobsuche. Tatsächlich beruht der Zuwachs vollständig auf Terminversäumnissen.

Zahlungen aus der Grundsicherung können für arbeitslose „Hartz IV“-Empfänger aus unterschiedlichen Gründen gekürzt werden. Die Gründe reichen von der Weigerung, ein Arbeitsangebot anzunehmen, über Verstöße gegen die Eingliederungsvereinbarung oder den Abbruch einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme (zum Beispiel eines Ein-Euro-Jobs oder einer Fortbildung) bis hin zu schlichten Terminversäumnissen. Die Höhe der Leistungskürzung ist abhängig von der „Schwere“ des Verstoßes. Termin- bzw. „Meldeversäumnisse“, die beispielsweise entstehen, wenn Personen Termine mit dem Arbeitsvermittler oder dem ärztlichen oder psychologischen Dienst nicht wahrnehmen oder sich verspätet arbeitslos melden, werden vergleichsweise harmlos bewertet. Sie werden „lediglich“ mit einer zehnprozentigen Kürzung geahndet. Für die übrigen, schwereren Verstöße gilt eine Kürzung der Leistung um 30 Prozent.

Gerade die relativ harmlosen Meldeversäumnisse waren 2012 allerdings Grund für rund 70 Prozent der Sanktionen. Gegenüber dem Vorjahr ist ihr Anteil an allen Sanktionen um mehr als vier Prozentpunkte gestiegen. Der Anstieg aller Sanktionen erklärt sich daher alleine über die Zunahme der Meldeversäumnisse. Kürzungen, die wegen der Ablehnung von Jobangeboten oder aufgrund mangelnder Kooperation bei der Arbeitssuche ausgesprochen wurden, haben über die letzten Jahre sogar kontinuierlich abgenommen. Sie begründeten 2012 lediglich 28 Prozent aller Sanktionen, rund vier Prozentpunkte weniger als noch 2011.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit (April 2013), Zeitreihe zu Sanktionen nach Länder, Januar 2007 bis Dezember 2012, Darstellung O-Ton Arbeitsmarkt

Die Zahl der Sanktionen ist keineswegs gleichzusetzen mit der Zahl der sanktionierten Personen. 2012 wurden also nicht rund 1.025.000 Personen sanktioniert, sondern rund 1.025.000 Sanktionen ausgesprochen. Eine Person kann mehrere Sanktionen erhalten, die dann einzeln gezählt werden.

Sanktionen kommen insgesamt nur sehr selten vor. Im Dezember 2012 lag der Anteil der sanktionierten Personen an allen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bei lediglich 3,4 Prozent. Am häufigsten sind  die unter 25-Jährigen betroffen, für diese gelten im Vergleich zu den älteren Personen striktere Sanktionsregeln.

Befragungen von Fachkräften der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass gerade kleinere Sanktionen, wie Meldeversäumnisse, häufig in „erzieherischer“ Absicht genutzt werden, um die Beziehung zwischen Berater und Arbeitslosem verbindlicher zu gestalten. Gleichzeitig stehen viele  Arbeitsvermittler Sanktionen wegen Ablehnung von Arbeitsangeboten kritisch gegenüber. Vielfach können sie nur unpassende oder schlechte Arbeitsangebote machen, darunter auch immer mehr aus dem Bereich der Leiharbeit (O-Ton berichtete). Wenn Termine mit dem Arbeitsvermittler nicht wahrgenommen werden, könnte dies also durchaus auch daran liegen, dass die jeweiligen Personen das Vertrauen in die Vermittlungsqualitäten der Jobcenter verloren haben.

Erfahrungen aus der Arbeitsvermittlung zeigen weiterhin, dass gerade Langzeitarbeitslose, die auf dem Arbeitsmarkt lange erfolglos nach einer Stelle suchen, häufig Termine versäumen, um nicht immer wieder mit dem eigenen Scheitern konfrontiert zu werden.

Zum Weiterlesen:

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Unter dem Existenzminimum (Kurzbericht 10/2010)

Bundesagentur für Arbeit, Zeitreihe zu Sanktionen nach Länder, Januar 2007 bis Dezember 2012