7. April 2014
(o-ton) Perspektiven in Betrieben wird zum Bundesprogramm. Für 30.000 Langzeitarbeitslose will die Regierung Lohnkostenzuschüsse zahlen, um sie in der Privatwirtschaft zu beschäftigen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen hervor. Im Vergleich zum Modellprojekt wurden die Fördermöglichkeiten allerdings deutlich verändert. Fraglich ist zudem, ob sich ausreichend Betriebe finden.
Mit einem neuen Förderprogramm will sich die Bundesregierung verstärkt um Langzeitarbeitslose kümmern. Ab 2015 sollen 30.000 Arbeitslose, die seit zwei Jahren auf Jobsuche sind und keinen oder keinen geeigneten Berufsabschluss haben, in Betriebe vermittelt werden. Die Arbeitgeber erhalten maximal 18 Monate lang Lohnkostenzuschüsse und die Teilnehmer ein begleitendes Coaching. 470 Millionen Euro stehen hierfür aus dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung. Zusätzliche Mittel sollen aus dem Budget der Jobcenter kommen.
Das Programm ist eine Weiterenwicklung von Perspektiven in Betrieben. Das Modellprojekt läuft seit Mai 2013 mit einer dreijährigen Testphase in den Regionaldirektionen Rheinland-Pfalz-Saarland und Nordrhein-Westfalen (O-Ton berichtete) – allerdings bei abweichenden Förderkriterien und längerer Förderdauer. Im Gegensatz zum geplanten Bundesprogramm nimmt das Modellprojekt die besonders arbeitsmarktfernen Personen in den Fokus, die bereits seit mehr als fünf Jahren ohne Arbeit sind. Bei ihnen können unterschiedliche „schwere und multiple Vermittlungshemmnisse“ vorliegen, die sich nicht ausschließlich auf die berufliche Qualifikation beschränken. Die Förderdauer beträgt bis zu drei Jahre statt der 18 Monate im bundesweiten Programm.
Offensichtlich konzentriert sich die Bundesregierung also nach ersten Erkenntnissen mit dem Modellprojekt wieder verstärkt auf die arbeitsmarktnäheren Langzeitarbeitslosen. Brigitte Pothmer, die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, hält das Programm daher auch für einen Tropfen auf den heißen Stein. Dem Heer der Abgehängten werde damit nicht geholfen. „Allein von 2010 bis 2013 sind über 190.000 öffentlich geförderte Beschäftigungsverhältnisse weggefallen – sechsmal mehr als Nahles neu schaffen will. […] Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist dagegen in den letzten Jahren nur geringfügig zurückgegangen“, so Pothmer (O-Ton berichtete).
Zudem bleibt offen, ob sich für die 30.000 Langzeitarbeitslosen ausreichend Betriebe finden. Das Modellprojekt konnte bislang lediglich 33 Teilnehmer vermitteln. Bereits zum Start von Perspektiven in Betrieben sprach die Bundesagentur für Arbeit in der taz von Problemen, privatwirtschaftliche Arbeitgeber zur Teilnahme zu bewegen. Umso fraglicher, wie 30.000 Langzeitarbeitslose in der Privatwirtschaft untergebracht werden sollen, wenn man bereits aktuell an die Grenzen des Möglichen stößt. „Es bleibt Nahles‘ Geheimnis, wie sie dieses Mini-Programm binnen Kurzem auf 30.000 Plätze ausweiten will“, urteilt auch Pothmer.
Wirklich neu ist der Ansatz, Langzeitarbeitslose mittels Lohnkostenzuschüssen in der Privatwirtschaft unterzubringen, ohnehin nicht. Mit dem Beschäftigungszuschuss gibt es seit Jahren die Möglichkeit, Löhne für schwer vermittelbare Arbeitslose zu subventionieren.
Zum Weiterlesen:
Brigitte Pothmer, Nahles-Programm für Langzeitarbeitslose nur weiße Salbe
Thomas Öchsner, Süddeutsche Zeitung, Nahles will Programm gegen Langzeitarbeitslosigkeit ausweiten
Deutscher Bundestag, Kontroverse um öffentlich geförderte Beschäftigung